
Wolfgang Fänderl ist seit seiner Jugend als Pädagoge, Trainer und Prozessbegleiter tätig. Er forschte an der Universität München für die Bertelsmann Stiftung zu Beratungs-, Moderations- und Beteiligungsprozessen und arbeitet international in verschiedenen Methoden- und Coaching-Netzwerken (z.B. Change Handbook). Sein Blick auf unser asynchrones Meeting-Tool ist inspiriert von der Garten-Metapher von timz.flowers. Ihn fasziniert, wie dieses Bild die neuen methodischen Perspektiven der Plattform verständlich macht. Sein Artikel beschreibt die möglichen Rollen und Haltungen von professionellen Prozessbegleitenden in zeitunabhängigen Video-Meetings.
Wichtige Inhalte auf einen Blick
- Manche komplexe Themen, Diskussionen und Teamprozesse brauchen eine professionelle Begleitung, eine*n Gärtner*in (gardener) in der Metapher von timz.flowers
- Die asynchronen Gruppenaktivitäten in diesen Gärten können sich unterschiedlich gestalten, von romantisch und wild bis hochkultiviert und ertragreich, je nach Stil und Intention der Gartenbesitzer*in (garden owner) und Gastgeber*in (host)
- Da Pflanzen von selbst wachsen, können Diskussionen in asynchronen Treffen mit minimalen Eingriffen durch Coaches, Facilitator*innen und Prozessarchitekt*innen mit der Haltung von Gärtner*innen sehr fruchtbar sein
- Im Gegensatz zu synchronen Treffen und Veranstaltungen, bei denen die Anwesenheit der Moderation wichtig ist, brauchen asynchrone Meetings beratende Gärtner*innen und Landschaftsarchitekt*innen (landscape architects), vor allem in der Vorbereitungsphase
- Die Rolle des Gärtners bzw. der Gärtnerin tendiert dazu, unsichtbar zu sein, um den Gastgeber*innen oder Gästen (guest) des Gartens optimale Präsenz und Selbstwirksamkeit zu ermöglichen
- Die Rolle des/der Begleitenden könnte auch die eines Mediators/einer Mediatorin in Konfliktsituationen sein, was eine besondere Ausbildung erfordert
- Wenn schöne Gärten und fruchtbare Ergebnisse ein externes Publikum als Passant*innen (passersby) anziehen sollen, ist dies im Voraus zu planen
- Nicht jeder Garten braucht professionelle Gärtner*innen, aber es bringt bei komplexen, nachhaltigen Projekten definitiv Vorteile
- Prozessbegleitende sind eingeladen, beim “Gardeners Club House” mitzumachen, einer Plattform zum tiefergehenden Austausch über Methoden und Praktiken bei timz.flowers

Spaziergang im Englischen Garten München (Wolfgang Fänderl)
“I Have a Dream”
Lasst uns für ein paar Sekunden träumen. Stell Dir einen wunderschönen Garten vor, in dem Du dich erholen, kreativ sein oder Deine Familie, Freunde und Kollegen treffen willst. Wie sieht der Garten aus? Griechischer, französischer oder englischer Stil, ökonomisch, ökologisch oder biologisch, kleiner Schrebergarten, Stadtpark oder großes Anbaufeld…?
Was wächst da? Gras, Blumen, Bäume mit Blättern, Blüten und Früchten, Seerosen in einem Teich…?
Wer lebt und arbeitet dort, und welche Rolle möchtest Du in diesem Garten haben? Passant, Gast, Gastgeber, Besitzer, Gärtner, Landschaftsarchitekt…?
Schaue Dir das inspirierende Bild an, und gib anderen in diesem Garten Bescheid, was Du brauchst, um Deine Träume zu verwirklichen!
Das Gärtner*innen-Bild
Warum verwende ich die Garten-Metapher? TIMZ ist die Abkürzung für “time-independent meeting zone” oder übersetzt: zeitunabhängiger Treffpunkt. Der Begriff FLOWER leitet sich vom Design der Video-Diskussionen ab, die wie Blumen oder Blüten einer Kinderzeichnung gestaltet sind.
Es gibt Samen im Zentrum und sich entwickelnde Blütenblätter rund um dieses Zentrum, die aus kurzen Videokommentaren, Einspielungen und Links bestehen. Die Beiträge in Kreisform nehmen aufeinander Bezug und vermitteln auch mit zeitlichem Abstand einen Dialog, der sich in verschiedene Richtungen entwickeln kann und trotzdem nachvollziehbar bleibt.

Floweransicht einer Video-Diskussion eingerahmt von Listen der Gärten, Blumen und Blütenblätter in chronologischer Abfolge
Ergänzt durch alternative Ansichten der Beiträge und die Möglichkeit, die Interaktionen farblich zu markieren, ergeben sich lebendige Gestaltungsvariationen. Eingeblendete Listen der Gärten, Blumen und Blütenblätter helfen bei der zeitlichen und inhaltlichen Orientierung und Suche ähnlicher Beiträge.
In der Baumansicht (treeview) werden, wie bei der Verästelung eines Baumes, die inhaltliche Abfolge und die Schwerpunkte der Clips offensichtlich. Alles in allem ist es bei der Erstellung sowie der Sichtung von Beiträgen eine sehr anregende und auf Interaktion angelegte Programmierung mit intuitivem Zugang.

Alternative Baumansicht einer Video-Diskussion, die Schwerpunkte und Verästelungen sichtbar macht
In einfachen Brainstorming-Sitzungen entwickeln sich diese Blüten normalerweise von selbst. Aber manchmal haben Initiator*innen einer Diskussion oder – um im Bild zu bleiben – die Besitzenden oder Gastgebenden des Gartens einen anderen Fokus und Ablauf im Sinn. Dann ist es an der Zeit, sich mit Gärtner*innen oder Landschaftsarchitekt*innen zusammenzusetzen.
Da ich jahrzehntelang als Prozessbegleiter gearbeitet habe, sind die Arbeitsprinzipien von Gärtner*innen meinem eigenen Berufsverständnis sehr nahe. Schon in meiner Magisterarbeit habe ich mich auf die Großmutter des Empowerments – Maria Montessori – bezogen, die den Satz prägte: “Hilf mir, es selbst zu tun!”
Es ist faszinierend, wie sich Leben entwickelt, aus eigenem Antrieb wächst, lediglich von Sonne und Wasser abhängt, eigenständig Luft und Boden nutzt und wie es in einem natürlichen Ökosystem interagiert.
Eine der wichtigsten Aufgaben von Gärtner*innen ist es, gut zu beobachten. Sie kennen und erleben diese möglichen Prozesse unterschiedlicher Organismen und sind in der Lage zu unterstützen und Schutz zu geben.
Wie Prozessbegleitende kennen sie den Zeitpunkt von Aussaat und Ernte, die Chancen und Risiken von Frühling, Sommer, Herbst und Winter oder von Regen- und Trockenzeiten in anderen Teilen der Welt. Sie können direkt reagieren, aber auch präventiv handeln. Und das ist eine Spezialität von timz.flowers: asynchrone interkulturelle Kommunikation durch Prozessdesign zu unterstützen.
Die meisten aktuellen Meeting- und Webinar-Tools funktionieren nur mit persönlicher Präsenz der Moderation. timz.flowers hilft methodisch Begleitenden, den Prozess zu unterstützen, ohne die Selbstwirksamkeit der interagierenden Beteiligten zu mindern. Die Vorbereitung des Gartens ist deshalb die wichtigste Zeit für Gärtner*innen wie timz.flowers-Begleitungen.

Als Parallele der Gartenplan einer Landschaftsarchitektin (Dorothea Holdau)
Die Haltung der Gastgebenden
Wenn Eigentümer*innen (owner) ihren Garten genießen wollen, ist die beste Zeit in Abwesenheit der Gärtner*innen (gardener). Natürlich sind sie als Auftraggebende dankbar für die Expertise der Fachkräfte, aber beim Spaziergang mit weiteren Gastgebenden (host) und ihren Gästen (guest) würden herumliegende Spaten und Baufahrzeuge eher stören als inspirieren. Sie möchten erste Ansprechpartner*innen für ihre Gäste sein, das Dienstpersonal bleibt im Hintergrund, so wichtig es auch sein mag.
Sehen wir uns das Beispiel eines*einer Firmeninhaber*in an, der die zukünftige Strategie in seinem internationalen Unternehmen mit den Kolleg*innen und Partner*innen besprechen und entscheiden möchte. Es geht um komplexe und bedeutende Umstrukturierungen und er*sie holt sich Hilfe einer Prozessbegleitung mit timz.flowers-Kenntnissen. Die Bedarfe werden geklärt, methodische Optionen erwogen, das asynchrone Prozessdesign festgelegt und motivierende Videos als Ausgangsbasis für Dialoge mit den Beteiligten aufgenommen.
Der Brainstorming Prozess mit Bereichs- und Niederlassungsleitungen beginnt mit internen Research- und Exchange-Flowers. Danach werden mit Info- und Brainstorming-Flowers Szenarios mit den Mitarbeitenden und Zulieferern reflektiert, Anforderungen und Ergebnisse festgehalten.
Die Recreation-Flower entspricht der Veranstaltungspause, in der auch private Themen ausgetauscht und persönliche Kontakte geknüpft werden können. Die Video Impulse im “Garten der Veränderung” kommen von Firmeninhaber und Leitungspersonal, Kommentierungen und Bewertungen sind allen Beteiligten freigegeben.
Im Hintergrund helfen Prozessbegleitende bei Strukturierung, Timing, Ergebnissicherung und -aufbereitung. Sie werden gebeten, wichtige Gedanken, beste Ideen und gravierende Konflikte sichtbar zu machen.
Zu guter Letzt hilft die Decision-Flower eine gemeinsame Entscheidung zu treffen und eine Presentation-Flower die Umstrukturierung in- und außerhalb des Unternehmens zu vermitteln.
Die Unterstützung durch Gärtner*innen kann mehr oder geringer sein und verschiedene Aufgaben enthalten, je nach Bedarf und verfügbarem Budget. Gute Gärtner*innen versuchen sich letztlich so überflüssig wie möglich zu machen und Gestaltungskompetenz an Gartenbesitzende, Gastgebende und Gäste weiterzugeben.

Als Anregung die umgesetzte Planung (Dorothea Holdau, Landschaftsarchitektin)
Die Eindrücke der Gäste
Wenn ich in einen Garten oder auf eine Gartenparty eingeladen werde, liegt es an mir, wie sehr mich das Ambiente inspiriert, dabei zu sein, zu kommunizieren, mich einzubringen oder einfach die Arrangements zu genießen. Ist es nicht wunderbar, dass andere den Garten für mich vorbereitet haben?
Ihr Anliegen ist transparent, sie haben geeignete Plätze für Wachstum und Austausch gestaltet, werden sich um die Ernte kümmern und gehen auch mit Störungen, Schädlingen und Ungeziefer angemessen um. In jedem Fall eine gute Gelegenheit mitzubekommen, wie schöne interaktive Gärten nachhaltig gestaltet werden. Evtl. kann ich es selbst für eigene Belange mal brauchen.

Auguste Renoir: “Bathers in the Seine” (1869)
Die Lust, einer Einladung zu folgen und aktiv zu werden, hängt stark von der intrinsischen Motivation ab. Es braucht also Gäste, die Spaß haben und nützlich sein wollen. Nur so kommt es auch zu inspirierenden Gedanken, anregenden Kommentaren und hilfreichen Fragen im Geiste von Kokreation.
Ein schöner Park lebt nicht nur von der Gestaltung durch die Gärtner*innen, sondern auch von der Identifikation und konstruktiven Nutzung durch die Anwesenden. Unangenehmer Lärm, vermüllte Grünflächen und abgerissene Blütenstände wären das Gegenteil davon.
Für eine besondere Gartenparty können auch spezielle Gäste eingeladen werden, die den Austausch beleben. Ihr Wissen und die Art ihrer Präsentation kann den Gästen Impulse und dem Prozess Richtung geben. Als VIPs, Referent*innen und Künstler*innen können sie für ein Statement eingekauft werden, oder sie nehmen auch dauerhaft am Prozess teil. Was brauchen sie, um sich wie Fische im Wasser zu fühlen? Wie wäre es mit virtuellem Applaus, persönlichem Feedback, einer VIP-Launch?
Die Aufgabe der Gärtner*innen ist es, den Prozess vorzubereiten, zu beobachten, Hinweistafeln aufzustellen und fruchtbare Ergebnisse zu sammeln. Gärtner*innen können unterstützende Trittsteine bereitstellen sowie auch störende Hürden wegräumen. Der Umgang mit Inklusion bzw. Konflikten zwischen Gästen bei zeitunabhängigen Treffen erfordert besondere Fähigkeiten, aber auch die Gastgebenden können diesbezüglich geschult werden.
Der Passant*innen-Blick
Die vierte Gruppe der Nutznießenden eines Gartens sind Passant*innen. Das können Nachbarinnen, Touristen oder auch Kundinnen sein, die von dem schönen Garten gehört haben und ihn besuchen wollen. Vielleicht haben sie Bilder gesehen, den Duft der Blumen gerochen, seine Früchte gekostet… Sie interessieren sich für die Ergebnisse oder wollen Teile des Gartens erleben. Im Gegensatz zu den Gästen sind sie eher passiv und konsumorientiert.

Passantinnen und Interessierte einer Gartenausstellung (Quelle: BBH Singapore auf Unsplash )
Gartenbesitzende müssen also frühzeitig entscheiden, welche Teile des Gartens frei, welche kostenpflichtig und welche privat sind. Konsumierende Passant*innen brauchen ihren eigenen Fokus und eigene Strategien des Umgangs. Sie brauchen Werbung, Preisschilder und Zäune, vorbereitete Stände oder Schaufenster für kostenpflichtige Produkte, offene und gastfreundliche Gartenbereiche zur Erbauung und um einen Kaffee zu schlürfen.
Fragen des Marketings und der nachhaltigen Nutzung von Ergebnissen müssen zu Beginn der Gartengestaltung geklärt sein, um für alle Beteiligten transparent, und mehr noch, attraktiv zu werden!
Facilitation at Its Best
timz.flowers ist das ultimative Werkzeug für Prozessbegleitende, die es ihren Klient*innen, Coachees und Teilnehmenden einfach (französisch: faciliter) machen und sich selbst unsichtbar machen wollen. Je größer der Garten, je vielfältiger die Pflanzen und je wichtiger Design und Ernte, desto mehr Know-how und Engagement wird von Gärtner*innen gebraucht. Sie sollten mit Stil und Bedürfnis der Mitwirkenden übereinstimmen und die Welt der asynchronen Zusammenarbeit beherrschen.
Für mich als klassischer Moderator war es Anfang der 2000er Jahre ein echter Quantensprung, als ich unterstützende Konferenzformate wie Open Space und BarCamp kennenlernte. Mit wenigen Regeln und übersichtlichen Werkzeugen konnte ich als Facilitator nach guter Vorbereitung im Hintergrund bleiben und die Prozesse entwickelten sich eigendynamisch und selbstverantwortlich. Diese Grundhaltung konnte ich damals auf das Projektverfahren “Gemeinsinn-Werkstatt” übertragen und Methoden für freiwillige Kooperationsprozesse damit verbinden.
Durch die Covid-Pandemie wurden mir die virtuellen Möglichkeiten bewusster, welche international kooperierende Unternehmen, über Kontinente und Zeitzonen verteilt, dringender brauchen als bisher. Der neue Quantensprung geht weg vom klassischen Live-Event, Meeting und Projekt mit direktem Austausch hin zu virtuellen, asynchronen Treffpunkten für Teams und Interessengruppen. Auch hier kann die intrinsische Motivation zur Entfaltung gebracht werden und kreative Zusammenarbeit entstehen.
Das asynchrone Toolset von timz.flowers lädt dazu ein, im individuellen Rhythmus zu kooperieren, auf Vielfalt zu reagieren und das herauszunehmen, was wirklich gebraucht wird. timz.flowers ermöglicht einen Garten der Vielfalt, in dem ich mit anderen säen und ernten, arbeiten und genießen kann… ganz nahe an meinen Bedürfnissen. Um es zeitunabhängig hinzubekommen, braucht es Struktur und Design auf Metaebene, die von erfahrenen Gärtner*innen und Prozessbegleitenden unterstützt werden kann.
Mein Angebot
Als Initiator*in von Wachstumsprozessen bitte nur dann zum Gärtner oder zur Gärtnerin gehen, wenn ein Profi benötigt wird. Nicht jeder Garten braucht Gärtner*innen. Vieles bekommt man*frau durch Versuch und Irrtum hin, schaut es sich von Freund*innen ab oder liest in Büchern nach. Aber beim Einstieg in ein neues Arbeitsfeld, oder wenn es um komplexe und große Gärten mit verschiedenen Beteiligten geht, kann das Know-how und der Überblick und die Erfahrung von Profis helfen, Abläufe zu verbessern und Fehler zu vermeiden. Manchmal reicht eine Beratung zu Beginn aus, manchmal muss die komplette Saison begleitet werden.
Nicht jede*r Garten-Expert*in ist gleich, und auch hier verändern sich Know-how und Arbeitstechniken im Laufe der Zeit . Bei timz.flowers haben wir das “Gardeners Club House” eingerichtet, um sich mit Fachleuten aus Facilitation, Coaching, Moderation, Administration, Psychologie, Pädagogik, Kommunikationswissenschaften und Design auszutauschen und sinnvolle Möglichkeiten asynchroner Ansätze auszukundschaften. So können wir nicht nur möglichen Gartenbesitzenden und Gastgebenden sondern auch den Betreiber*innen der timz.flowers-Plattform wichtige Rückmeldungen und Anregungen geben.
Wenn Du Gärtner*innen mit asynchroner Expertise brauchst, schreibe mir, und falls Du beim Expert*innen-Austausch dabei sein willst:
“WELCOME TO THE CLUB!”

Autor
Wolfgang Fänderl, Päd. M.A., [email protected], www.WolfgangFaenderl.Net, München, Deutschland